Königin Charlotte von Württemberg
Bebenhausen wurde ihr Heimat

Am 10. Oktober 2014 jährte sich der Geburtstag von Königin Charlotte von Württemberg, der langjähri­gen Mitbürgerin von Bebenhausen, zum 150. Mal. Aus diesem Anlass feierten die Dorfbewohner von Bebenhausen auf Einladung der Schlossverwaltung im Som­merrefektorium ein „Charlottenfest“. Im Dorf gibt es ja inzwischen nur noch wenige Seniorinnen und Seni­oren, die „Majeschtät“ noch persönlich erlebten. Aber durch Erzählungen der Eltern und Großeltern wurde Charlotte, die letzte Königin Württembergs, die auch die letzte unter den deutschen Königinnen war, auch jüngeren Dorfbewohnern näher gebracht. Hans Haug hat dazu weiter recherchiert:

Bildbeschreibung:
Am Pfarrhaus in Lustnau: Die Königin mit Pfarrer Gruner im Lutherrock, mit Frau und seiner Tochter Johanna, der Konfirmandin. Das Konfirmationsgeschenk der Königin war ein Kreuz, das die Königin als junges Mädchen vom dänischen König bekommen hatte.

 

Mir fiel die Aufgabe zu, zum Charlottenfest eine kleine Festschrift über die Königin zusammenzustellen. Über sie, die zweite Gemahlin König Wilhelms II., gibt es bisher nur wenig Literatur. Somit konnte ich nur sehr begrenzt auf schriftliche Quellen zurück­greifen, musste also selbst recherchieren. Dabei wand­te ich mich auch an Johanna Lempp, die hoch betagte Toch­ter unseres früheren Gemein­depfarrers Gustav Adolf Gru­ner. Ihr Vater hielt ja am 23. Juli 1946 am Sarg der Königin im Sommerrefektorium den Trauergottesdienst über den 23. Psalm. Sie erzählte, dass ihr Vater jedes Jahr in der Karwo­che zur Königin kam, um mit ihr das Abendmahl zu feiern. Und an ihrer Konfirmation kam die Königin mit ihrer Hofdame zum Nachmittagskaffee ins Pfarrhaus nach Lustnau – ohne Hut! Charlotte hatte sich also dem familiären Rah­men der Gruners angepasst. Beim Kaffee im Pfarrhaus aber tunkte sie ihr Stück Hefezopf so gründ­lich in ihren Kaffee, dass sie die Finger ausschütteln musste.

Im vergangenen September, rechtzeitig zum Char­lottenfest, war mein mühsam erstelltes Manuskript für die Festschrift fertig und sollte in Druck gehen. Doch dann tauchten Briefe auf, die König Wilhelm II. im Laufe von nahezu 50 Jahren an zwei Studienfreunde schrieb. Dieser „Jahrhundertfund“ – es handelt sich um nahezu 500 Briefe – wurde vom Stuttgarter Hauptstaatsarchiv übernommen. Dort werden sie derzeit bearbeitet und sollen im kommen­den Herbst ediert werden. Diese höchst interessan­ten und teilweise auch brisanten Briefe korrigieren das traditionelle Bild dieses pflichtbewusst-biederen Monarchen und tauchen ihn in ein überraschend far­biges Licht.

Den Brieffund nahm das Hauptstaatsarchiv zum Anlass, eine Ausstellung zusammenzustellen unter dem Titel „Im Lichte neuer Quellen: Wilhelm II. – der letzte König von Württemberg“ (bis 2. Mai). In dieser Ausstellung sind auch die Altarleuchter aus unserer Klosterkirche zu sehen, die Wilhelms Oberjägermeister Detlev von Plato und seine Frau Anna 1901 der Kirchengemeinde stifteten.

Aus den nun aufgetauchten Briefen geht hervor, dass das Verhältnis König Wilhelms II. zu Königin Charlotte, seiner zweiten Gattin, ein etwas ande­res war als bisher angenom­men; heiratete er sie doch „ohne Liebe, aus reiner Raison und ohne Illusion“, wie er schreibt. Charlotte, die 16 Jahre jünge­re, feinfühlige Prinzessin, hat­te dies wohl erkannt, denn sie lehnte Wilhelms Heiratsantrag zunächst ab. „Nun werde ich keinen Anstand nehmen, urbi et orbi zu sagen, dass ich mit einem regulären Korbe abgezo­gen sei. Charlotte, finde ich, hat recht, ich hätte mich auch nicht gewollt“, schreibt Wilhelm in einem dieser Briefe.

Freundlicherweise bekam ich vom Hauptstaatsarchiv die Genehmigung, diese Briefe noch vor deren Edierung auszu­werten. Nun wurde aus meiner kleinen Festschrift zum Charlottentag eine Biogra­fie mit 127 Seiten und vielen bisher nicht veröffent­lichten Fotos; sie erschien am 14. März im Silber­burg-Verlag („Königin Charlotte von Württemberg – Bebenhausen wurde ihr zur Heimat“, 14,90 €). Das Büchle umfasst das ganze Leben der Königin von ihrer Jugend im böhmischen Ratiboritz und Nachod bis hin zum Hofleben in Stuttgart und ihren Verdiensten als Königin. Natürlich richtete ich mein ganz besonderes Augenmerk auf Bebenhausen, in dem unsere letzte Königin einschließlich ihrer Wit­wenzeit weit über 50 Jahre verbrachte.

Hans Haug
Quellnachweis (1)

 

Königin Charlotte von Württemberg,
Württembergs letzte Königin
 

 

Zu den Quellenangaben

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