„Laßt die süße Musika ganz freudenreich erschallen“
Die Elemente des Gottesdienstes - Musik und Lieder im Gottesdienst
Musik und Gesang nehmen neben dem gesprochenen, verkündigenden Teil des Gottesdienstes den größten Raum ein. Schon im Tempel in Jerusalem waren zahlreiche Musiker beschäftigt, um die Gottesdienste feierlich mitzugestalten. Zwar nahm die Musik im Gottesdienst in den verschiedenen Epochen der Kirchengeschichte einen sehr unterschiedlich hohen Stellenwert ein, doch ist sie seit jeher elementarer Bestandteil des Gottesdienstes.
Zunächst kurz zur liturgischen Bedeutung der einzelnen musikalischen Teile der heutigen Form unseres Predigtgottesdienstes.
Das meist instrumentale Vorspiel zu Beginn soll uns auf den Gottesdienst einstimmen. Es ist sozusagen eine Schwellenmusik, die uns helfen soll, den Alltag hinter uns zu lassen und uns gedanklich auf das Kommende zu konzentrieren.
Direkt anschließend eröffnet das Eingangslied dann den Gottesdienst. Thematisch noch unabhängig vom Predigtthema hat das Eingangslied einen einladenden Charakter. Es kann Bezug nehmen auf das Kirchenjahr oder die Tageszeit, aber auch bekannte Lob-, Dank- und Psalmlieder findet man an dieser Stelle.
Zwischen Schriftlesung und Predigt wird das Wochenlied gesungen. Das Besondere am Wochenlied ist, dass es nicht wie die anderen Lieder für den jeweiligen Sonntag vom Pfarrer ausgewählt wird, sondern für die ganze Evang. Kirche in Deutschland festgelegt ist. Es ist somit im gemeinsamen Singen ein verbindendes Element der Gemeinden untereinander.
Das Lied nach der Predigt ist meist speziell auf die Predigt abgestimmt. Dabei kann ein Gedanke aus der Predigt noch einmal aufgegriffen oder vertieft werden oder es kann ein Schlusspunkt gesetzt werden. An dieser Stelle im Gottesdienst kann auch ein Musikstück oder eine längere Intonation zum Lied stehen, das der Gemeinde Zeit gibt, noch einmal über die Predigt nachzudenken.
Das Schlusslied soll dann den Blick wieder nach außen richten, den Übergang in den kommenden Alltag erleichtern und den Gottesdienst abschließen. Deshalb werden an dieser Stelle auch oft Segenslieder gesungen.
Das Nachspiel, auch Musik zum Ausgang genannt, beschließt den Gottesdienst. Manche Gemeinden hören im Sitzen zu und lassen den Gottesdienst
nachwirken, andere lassen sich von der Musik nach draußen begleiten. Aber auch beim Hinausgehen sollte man nicht vergessen, dass das Nachspiel noch Teil des Gottesdienstes ist.
Musik ist also unverzichtbarer Bestandteil im Gottesdienst und hat dabei vielfältige Funktionen. Als Martin Luther die Liturgie des Gottesdienstes reformierte, legte er sehr viel Wert auf die Einführung von gut verständlichen, deutschsprachigen Kirchenliedern. Denn die Lieder bieten uns als Gemeinde die Möglichkeit, uns aktiv am Gottesdienstgeschehen zu beteiligen. Im Singen beten wir, wir danken und lobpreisen Gott, wir klagen und bitten. Mit den Liedern können wir auf Gehörtes antworten und Lieder können dem Einzelnen helfen, Gedanken und Gefühle auszudrücken, wo Worte fehlen. Gleichzeitig predigen sie auf ihre Art und Weise, sind also Teil der Verkündigung, sie können bereits Gesagtes aufgreifen oder neue Aspekte ins Spiel bringen. Die Musik und die Lieder im Gottesdienst vereinen also beides: das Reden und das Hören. Gott spricht zu uns im Lied und wir antworten ihm durch unser Singen. Und wir tun das als zusammengehörige Gruppe. Jeder, der sich aktiv am Singen beteiligt und im Singen ausdrückt, prägt durch seine Stimme den gemeinsamen Gesang. Gleichzeitig nimmt er die anderen Singenden wahr und fühlt sich der Gruppe zugehörig. Im gemeinsamen Singen bildet sich Gemeinschaft, die auch den Einzelnen wiederum auffängt. Nicht immer ist man in der Lage, aus vollem Herzen mitzusingen, dann kann man sich vom Gesang der anderen tragen lassen und einfach nur zuhören.
Außerdem geht Musik über das Wort hinaus, Musik löst Gefühle aus und drückt Gefühle aus. Der Kirchenvater Augustinus schreibt: „Wie weinte ich bei den Hymnen und Gesängen auf Dich, mächtig bewegt vom Wohllaut dieser Lieder Deiner Kirche“. Musik kann überwältigende Gefühle auslösen und bietet gleichzeitig die Möglichkeit, die unterschiedlichsten Gefühle auszudrücken. Der Mensch wird also beim Singen umfassend angesprochen. Vielleicht können diese Überlegungen dazu anregen, beim Singen im Gottesdienst den Liedern wieder mehr nachzuspüren, Gemeinschaft zu erleben und sich von der Musik tragen zu lassen.
Bettina Maier