Warum ich Ihnen keinen wunderschönen Gottesdienst wünsche
Die Elemente des Gottesdienstes –Gruß und Wochenspruch

Mit dem Gottesdienst dient Gott uns durch sein Wort und die Sakramente, und wir antworten darauf, indem wir Gott dienen. So hat mein Kollege Manfred Harm im vorigen Gemein­debrief das Wesen des Gottesdienstes beschrieben. In den nächsten Ausgaben des Gemeindebriefes sollen nun die einzelnen Elemente des Gottesdiens­tes vorgestellt werden. Wir beginnen – wie kann es anders sein – mit der Eröffnung des Gottesdienstes.

Der Gruß

Die Kerzen auf dem Altar brennen. Während die Glocken läuten, sind die Gottesdienstbesucher zur Kirche gekommen. Am Eingang wurden sie vom Mesner begrüßt oder von dem Lektor bzw. der Lek­torin, die an diesem Sonntag die Schriftlesung und die Abkündigungen lesen. Manche sprechen ein stilles Gebet, bevor sie sich setzen. Dann begrüßen sie ihre Nachbarn, die neben ihnen oder hin­ter ihnen sitzen. Nun spielt die Orgel oder der Posaunenchor. Das erste Lied wird gesungen.

Der Gottesdienst hat schon angefan­gen, bevor der Pfarrer zum Altar tritt und den Gruß spricht: „Im Namen Gottes, des Vaters und des Soh­nes und des Heiligen Geistes.“ Ja, im Namen Gottes sind diejenigen zusammen, die am Sonntagmorgen in die Kirche gekommen sind. Sie sind von Gott gerufen. Sie sind vor das Angesicht Gottes gerufen. Dazu sagt die gottesdienstliche Gemeinde Ja und singt das Amen. Gott ist gegenwärtig.

In meinen ersten Dienstjahren habe ich gedacht, es wäre meine Aufgabe als Pfarrer, die Leute in der Kirche durch ein paar freundliche Worte auf den Gottesdienst einzustimmen. Warum sollte ich den Gottesdienstbesuchern zu Beginn nicht erst einmal einen wunderschönen Gottesdienst wünschen oder sagen, dass ich mich freue, wer alles gekommen ist? Das ist doch viel natürlicher und schafft den Kon­takt zwischen dem, der vor dem Altar steht, und den Leuten in den Bänken.

Solche lockeren Begrüßungen sind durchaus gut angekommen, jedenfalls bei denen, die meine Art mochten. Aber ich bin bald davon abgekommen. Ich habe gemerkt, dass ich damit meine Rolle überschätzte. Nicht ich habe mit meiner mehr oder

weniger sympathischen Art dafür zu sorgen, dass es sonntags ein schöner Gottesdienst wird. Sondern mit allen anderen zum Gottesdienst Versammelten lebe ich davon, dass Gott uns mit dem Gottesdienst dienen will. Unter dieser Voraussetzung kommen wir zum Gottesdienst zusammen. Mit meinem ers­ten Wort im Gottesdienst habe ich diese Voraus­setzung zu benennen: „Im Namen Gottes sind wir zusammen.“ Wer diese Voraussetzung teilt, sagt dazu „Amen“, das heißt: „Das ist gewisslich wahr!“ Gemeinsam sind wir dann gespannt, was mit uns geschieht, wenn wir vor Gott sind.

Der Wochenspruch

Nach dem Gruß folgt der Wochenspruch. Das ist ein Satz aus dem Alten oder Neuen Testament, der zusammen mit dem Wochenlied, das vor der Predigt gesungen wird, das Profil des jeweiligen Sonntags anzeigt.

Jeder Sonntag hat einen eigenen Wochenspruch. Am 1. Advent heißt der Wochenspruch: „Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerech­ter und ein Helfer“; an Weihnach­ten: „Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit“; an Karfreitag: „Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben“; an Ostern: „Christus spricht: Ich war tot, und siehe ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle.“ Aber auch die normalen Sonntage stehen alle unter einem bestimmten Motto, so heißt zum Beispiel der Wochenspruch für den Sonntag Reminiszere, der in diesem Jahr auf den 4. März fällt: „Gott erweist sei­ne Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestor­ben ist, als wir noch Sünder waren.“

Alle Wochensprüche sind im Anhang des Gesang­buches und im Losungsbüchlein abgedruckt. Der Wochenspruch gilt jeweils von dem Sonntag, für den er bestimmt ist, bis zum darauf folgenden Sams­tag. Damit wird festgehalten, dass nach christlichem Verständnis die Woche mit dem Sonntag beginnt, dem ersten Tag der Schöpfung und dem Tag, an dem Christus von den Toten auferstanden ist. So kann jeder Sonntagsgottesdienst als ein kleiner Osterfest­gottesdienst gefeiert werden.

Rainer Kerst

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