Eleanor Roosevelt (1884 - 1962)

„No one can make you feel inferior without your consent.“ („Niemand kann Dir ein Minderwertig­keitsgefühl aufzwingen ohne Deine Bereitschaft dazu.“)

Eleanor Roosevelt wird häufig nur in Nebenab­schnitten von Beiträgen zum ehemaligen US-Prä­sidenten Franklin D. Roosevelt erwähnt. Dabei war sie viel mehr als die Frau an seiner Seite.

Eleanor war die Nichte des noch frühe­ren Präsidenten Theodore Roosevelt und hat wesentlich zum beruflichen und poli­tischen Erfolg von Franklin beigetragen. Eleanor wurde früh Waise. Ihre Mutter starb mit nur 29 Jahren an Diphterie. Ihr Vater, an dem Eleanor als Kind sehr hing, starb zwei Jahre später als Alkoholiker. Mit zehn Jahren kam Eleanor mit ihrem jüngsten Bruder in die Familie der Großmutter, in der sie mehr geduldet als geliebt wurden.

Geprägt durch ihre Kindheit setzte sich Eleanor für sozial benachteiligte Menschen ein. Sie beteiligte sich am Boykott von Firmen, die Kinder arbeiten ließen und ungerechte Löhne zahlten; sie leistete Sozialarbeit in armen und hygienisch unzuläng­lichen Einwandererquartieren; und sie engagierte sich politisch in der Sozialreformbewegung. Mit 20 Jahren heiratete Eleanor den zwei Jahre älteren Harvard-Absolventen Franklin D. Roosevelt. Aus der Ehe entstanden sechs Kinder, wobei eines im Säuglingsalter starb.

Ihre Ehe war durch einen geistigen Austausch und eine rege Diskussionskultur geprägt. In der Zeit war es undenkbar, dass beide Eheleute politisch Verant­wortung tragen. So stellte sich Eleanor zunächst hinter die Karriere ihres Mannes, war allerdings sei­ne wichtigste Beraterin.

In den 1920er-Jahren intensivierte Eleanor ihr frauenpolitisches Engagement. Gemeinsam mit anderen Aktivistinnen kämpfte sie für Verbesserun­gen im Wohnungsbau, die Schaffung einer Arbeits­losen- und Unfallversicherung und Gesundheits­schutz am Arbeitsplatz. Durch Zeitschriftenaufsätze, öffentliche Auftritte und Hörfunksendungen erlang­te Eleanor eine gewisse finanzielle Unabhängigkeit. Die Distanz zu Franklin war in dessen Liebschaft zu seiner Sekretärin begründet. Um die weiteren politischen Ambitionen nicht zu gefährden, haben die beiden von einer Scheidung abgesehen. Im Jahr 1921 erkrankte Franklin an Polio. Eleanor half ihm , mit der Behinderung, die Beine nicht mehr bewegen zu können, zu leben und sorgte dafür, dass er nicht aus den Nachrichten verschwand. Erfahrungen mit politischer Gremienarbeit sammelte Eleanor bei den

Bemühungen, Frauen das Recht einzuräumen, in der Demokratischen Partei eigene Delegierte zu benen­nen. Sie stand dem Komitee vor, das 1924 auf dem Parteitag der Demokraten das Anliegen der Frauen vortrug. Gemeinsam mit der Women’s International League for Peace and Freedom, der ältesten interna­tionalen Frauen-Friedensorganisation der Welt, trat Eleanor als eine der profilier­testen Kriegsgegnerinnen des Landes auf. 1933 wurde Franklin D. Roosevelt Prä­sident der Vereinigten Staaten von Ame­rika und Eleanor First Lady. Sie verän­derte die Rolle und den Aufgabenbereich der First Lady, der sich bis dahin darauf beschränkt hatte, Gastgeberin im Weißen Haus zu sein. Eleanor Roosevelt gab am Tag der Amtseinführung ihres Mannes ein Interview. Es folgten wöchentliche Pressekonferenzen und tägliche Kolumnen.

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs war Franklin Roosevelt durch seine Krankheit sehr geschwächt. Eleanor begleitete ihn und nahm maßgeblich Ein­fluss auf die Verhandlungen der Charta der Verein­ten Nationen. Die Präambel des Gründungsdoku­ments von 1945 beginnt wie folgt:

„Wir, die Völker der Vereinten Nationen fest ent­schlossen, künftige Geschlechter vor der Geißel des Krieges zu bewahren, die zweimal zu unseren Lebzeiten unsagbares Leid über die Menschheit gebracht hat, unseren Glauben an die Grundrechte des Menschen, an Würde und Wert der menschli­chen Persönlichkeit, an die Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie von allen Nationen, ob groß oder klein, erneut zu bekräftigen, [...J“

Wie bei allen politischen Dokumenten war auch diese Formulierung höchst umstritten. Die Mehrheit der Verhandlungsführer war der Ansicht, dass eine separate Nennung von „Frauen“ und die „Gleichbe­rechtigung von Mann und Frau“ nicht nötig, sondern in der Absicht die „Menschenrechte zu wahren“ inbegriffen seien. Unter den 160 Unterzeichnern waren lediglich vier Frauen. Die Frauenaktivistin­nen – darunter Eleanor Roosevelt – schafften es aber, die heutige Formulierung durchzusetzen.

Franklin D. Roosevelt starb am 12. April 1945. Am 26. Juni 1945 wurde die UN Charta unterschrieben. Harry S. Truman ernannte Eleanor Roosevelt im Dezember zur ersten US-Delegierten der Vereinten Nationen. 1947 übernahm sie den Vorsitz der UN Menschenrechtskommission, die in dieser Zeit die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte ausar­beitete. Die Erklärung wurde 1948 von der UN Voll­versammlung verabschiedet!

Ulrike Baumgärtn

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